neues bauen–im hecht
fotos: felix liebig, 29. april 2012
text: felix liebig
im hecht wird neu gebaut. aha. im hechtviertel, der ehemaligen oppelner vorstadt nach ihrem planer, der „anderen neustadt“ wird neu gebaut. stadtplanungsamt und renommierte architekturbüros haben sich zusammengetan für einen tag der offenen architektur–eine kleine bauausstellung im hechtviertel. „neues bauen im hecht“
nun ist neues bauen nichts neues. das gab es schon zu zeiten der weimarer republik. nach dem ersten weltkrieg entwickelte sich eine moderne architektur mit sozialem anstrich und anspruch. die moderne kommt nun wieder. in dresden. wie sozial sie ist, bleibt abzuwarten. andernorts wurde sie längst zum bestandteil der stadtplanung. in dresden hat sie es nach wie vor schwer. obwohl es sie freilich gibt. „die zeitgenossen“ z.b., ein verein aus planern in amt und freier wirtschaft in dresden, tun viel dafür, dass sich das ändert. im hechtviertel ist wie im scheunenviertel auch, noch platz geblieben. hier haben architekten, bauherrengemeinschaften und stadtplaner eine kleine oase der architektonischen glückseligkeit gefunden. vor allem in der kiefernstraße.
und da wird es interessant. seit zeitgenössische architekten nicht nur in öffentlichen bauprojekten glänzen, sondern die ikonografie des neuen neuen bauens auch auf den profanbau übertragen, verschiebt sich das bild. woanders ist das gang und gebe. in dresden tun wir uns noch schwer mit der neuheit: garagentore ohne klinken, dafür aber warnschilder für all jene, die nicht verstehen, dass hier eine ein- bzw. ausfahrt ist. denn in den erdgeschossen sind beinahe überall nur noch die nutzräume und automobile. ohne die geht das ja auch nicht. der eigenartige charme einer baukastensiedlerei, einer neuen architektonischen gründerzeit mit kind und kegel heimelt uns dafür an. wie wundert es da, die amerikanisch anmutenden garagenarchitekturen und seitenblicke im hinterhof als kontrast zur kühlen sachlichkeit des neuesten bauens zu sehen. ein technisch bis technokratisch-kreatives soziales milieu hat sich ein neues selbstbewusstsein „aufgebaut“, ist in der bürgerschaft der stadt längst angekommen, mit kunstmäzenatentum und allem drum und dran. neuerdings sind auch zeitgenössische architekten bauträger. wie schon lange vor ihnen die bernd dietzes am neumarkt und tobias hölzers in pieschen. das heißt dann bei den zanderarchitekten z.b. „schön hausen“ und ist tatsächlich nicht soweit weg vom berliner vorzeigemodell links und rechts der schönhauser allee. hier kann nun auch der stadtplanungsdezernent zeigen, dass er etwas für zeitgenössische architektur tut. warum er dann in der altmarktgalerie fotografiert wurde?
es wird ja viel über „gentrifidingsbums“ geredet. fakt ist: 20 jahre nach der wende hat sich die keimzelle des alternativen dresden-neustadt selbst überholt. menschen und architekturen sind im jetzt angekommen. besetzen leerstellen im stadtgefüge. können es sich leisten. und nun sieht man sie auch. gut. sie wollen gesehen werden. das wohnen in der stadt ist en vogue. warum dann die häuser nicht einfach häuser, sondern „stadthäuser“ oder „townhouses“ heißen? die erbauer und planer können offenbar nicht genug darauf verweisen, dass wir uns hier in der stadt befinden. und dass das ihre stadt ist.
vorsicht.
denn leicht verfällt selbstbewusstsein in überschwang. und schon sind die neuen bürger wieder unter sich.